#001 - Der Erstling

Mitte 2023

Das Stück Holz, mit dem alles seinen Anfang nahm.

Bei einer Radtour im Frühling kam ich mit meiner Tochter im Lastenrad sitzend an einem frisch gefällten Baum vorbei. Er war schon in kleine Stücke gesägt. Wir waren jedoch auf dem Weg zum Waldspielplatz und somit war nicht recht die Situation anzuhalten.
Während ich mit der Kleinen spielte dachte ich aber fortwährend über die Holzklötze nach, die dort am Wegesrand aufgestapelt rumlagen. Ich wollte schon seit so vielen Jahren mal so einen Holzklotz entrinden und einen Sitzhocker daraus machen. Und nun lagen da eine mögliche Werkstücke. Riesig kam mir das Stück Holz damals vor. Jetzt lache ich drüber. 32cm hoch und 25cm mächtig - eine kleine junge Eiche. Schon schwer. Aber dennoch eher nen kleiner Hock3r.

Auf dem Rückweg - das Kind war ausgetobt, hielt ich dann an und sah mir die diversen Baumstücke an. Einer, mit einem markanten Astloch, hatte mich besonders fasziniert.
Also wuchtete ich das gute Stück ins Lastenrad, das Kind musste die Beine hochlegen und auf dem Baumstück ablegen damit alles reinpasste. (Das Bild von einem späteren Moment)

In dem Moment war das irgendwie aufregend und verrückt - so ein großes Stück Holz mit dem Rad durch die Gegend fahren. Viele Leute lächelten uns an, denn die Fuhre muss lustig ausgesehen haben.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, was ich an dem Tag begonnen habe. Mittlerweile ist das für mich und auch meine Tochter fast normal. Ich hole von Freunden, aus dem Park oder dem Wald mittlerweile wesentlich größere Stücke, die nah an meine und des Lastenrads Tragfähigkeit heranreichen. Mal sehen wer zuerst aufgibt.
Nun hatte ich den Klotz zu Hause. Und jede Menge "keine Ahnung" kostenlos dazu im Gepäck. Also landete das gute Ding erst einmal unter meinem Arbeitstisch. Ich saugte immer wieder mal trockenes Moos oder andere Krümel ab, die von ihm herabrieselten. 
Aber ehrlich gesagt, blieb der Klotz dort wo er war für beinahe zwei Jahre stehen. Ja - krass nicht wahr - aber gut, das hat ihn zumindest gut antrocknen lassen. Leben kam halt mal wieder dazwischen. So ne bekloppte Pandemie und viele andere Dinge. Aber gut. Irgendwann kam der Tag - ich hatte zuvor zu Weihnachten fantastische Schnitzmesser geschenkt bekommen und dachte nun, ich könne damit dem Burschen mal zuleibe rücken. Oh wie ich mich irrte. Trockene Eichenrinde ist echt sehr hartnäckig. Aber ich war ja komplett unerfahren - ist also doch was anderes als einen Wanderstock zu schnitzen. Nun gut - ab in den Baumarkt und einen Drahtbürsten Aufsatz für den Akkubohrer geholt - und ein Stechbeitel. Aber auch das vermochte außer Dreck nicht viel auszurichten. Also bin ich zum ersten mal zwecks Recherche ins Internet. Das war gut für den Erkenntnisgewinn und schlecht fürs Portemonaie - aber irgendwas ist ja immer.

Nachdem ich auf meiner kleinen Dachterasse viel zu viel Dreck, Krach und Staub gemacht habe, bin ich mit dem Klotz zu meinem Papa aufs Grundstück und hab mich da dann zum ersten Mal mit viel Gerät an dem Klotz abgearbeitet. Immer noch nicht richtig wissend wie man das am besten anstellt.
Die größte Neuerung war ein Trennschleifer mit so einer Schleifscheibe die Lamellen aus Schleifpapier hatte. Damit bekam ich die Borke und die darunter liegenden Holzschichten recht gut ab. Allerdings bei einem erheblichen Schleifscheiben verbrauch. Und viel viel sehr viel Staub und Dreck. 
Später werde ich gelernt haben, dass es mit Raspel- oder Hobelscheiben viel besser und weniger dreckig gehen wird - aber ich war ja noch ganz am Anfang der Lernkurve.
Aber das weiß man ja erst immer hinterher.

Ich machte für meinen Verhältnisse gute Fortschritte - für Aussenstehende machte ich nur viel Lärm und Dreck und kaum nen Unterschied - Es dauerte bis weit in den Abend hinein, aber ich kam an einen Punkt, an dem ich die Flex gegen eine Deltaschleifer tauschen konnte und den Klotz von allen Seiten erst schleifen und weiter und weiter polieren konnte. Angenfangen habe ich bei einer Körnung von 40 und hab mich dann bis zu, aus heutiger Sicht, wahnsinnigen 1600 hochgearbeitet. Viele viele Stunden lang.

(deswegen wird dieser Text hier auch ein wenig länger)

So intensiv und lange habe ich seit diesem ersten Hock3r keinen mehr geschliffen. Auch weil ich gelernt habe, dass es garnicht nötig ist. Sogar eher ungünstig, da es einerseits zu viel Arbeit bedeutet und man andererseits die Oberfläche derart versiegelt, dass ein Öl oder Hartwachs nicht mehr richtig eindringen kann.

Eine Oberflächenbehandlung um etwas mehr Glanz und Glätte zu erzeugen war bei diesem Hock3r auch garnicht mehr nötig. Er fühlte sich glatt und kühl an, eher wie ein Stück Marmor. Sehr wertig und besonders. Damit die Maserung aber prägnanter hervor kommt, habe ich ihn dann dennoch mit einem Hartwachs Öl behandelt.

Seit dem dient er uns als Hock3r im Flur, der eine perfekte Höhe hat um sich auf ihm sitzend die Schuhe zu binden. Er ist, im Gegensatz zu vielen anderen auch im Laufe der Jahre nicht eingerissen. Die Trocknung ist leider immer noch ein Prozess hinter dessen Geheimnisse ich noch nicht gekommen bin.

Später habe ich die Unterseite noch eingefräst, damit er einen noch stabileren Stand hat. Dabei sind mir leider an den Außenkannten ein paar größere Fasern ausgerissen. Somit muss nochmal dran dies zu reparieren.
Holz - es lebt halt.

Der Entstehungsprozess

Ich hoffe es hat dir gefallen.